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Vorschriften über Spurweiten für Schienenbahnen
Weder das preußische Eisenbahngesetz vom 8. November 1838 noch die Eisenbahngesetze der anderen deutschen Länder enthalten Vorschriften über die Spurweite. Diese wurde vielmehr damals durch die Genehmigungsurkunde geregelt. Dabei hieß es oft, dass keine andere Spurweite als die der Nachbarländer gewählt werden dürfe.
Tatsächlich ist in allen deutschen Ländern außer in Baden von Anbeginn die Regelspur von 14' 8 1/2" engl. gewählt worden. Wenn in altem Schrifttum bisweilen die Spur von 4' 6 7/8' angegeben ist. so handelt es sich dabei um preußisch-rheinische Zoll. Auch die Angabe 5' findet sich gelegentlich für die Hamburg-Bergedorfer Eisenbahn. Das sind aber Hamburger Fuß = 1433 mm, also wohl nur eine runde Umrechnung von 4' 8 1/2" engl. Eine Ausnahme von der Regelspur machte allein Baden, das die Linie Mannheim – Heidelberg – Basel mit 5' 4" bad. = 1600 anlegte. In Baden galt damals, wie auch in der Schweiz, der sogenannte Konventionsfuß zu 300 mm. Erst 1854/55 wurden die badischen Strecken auf Regelspur umgebaut. Inzwischen war schon auf Grund freiwilliger Vereinbarungen bei den deutschen und österreichischen Eisenbahnen die Spurweite auf 4' 8 1/2 " engl. festgelegt und zwar durch die „Grundzüge für die Gestaltung der Eisenbahnen Deutschlands“ gemäß den Beschlüssen der deutschen Eisenbahntechniker in Berlin vom Februar 1850. Es heißt darin in § 9: „Die Spurweite muss im Lichten 4' 8 1/2" betragen“. Alle Maße der „Grundzüge“ waren damals, bei der Verschiedenheit der einzelnen Landesfälle, in englischen Zoll angegeben. Erst am 17. August 1868 wurde der Beschluss des Bundesrates für den Norddeutschen Bund über die metrische Maß- und Gewichtsordnung veröffentlicht. Seit dem 1. Januar 1872 galt sie im ganzen Reichsgebiet.
Später trat für kurze Zeit in den Veröffentlichungen des Vereins Deutscher Eisenbahn-Verwaltungen [8], das Maß von 1436 mm auf, wohl in Aufrundung der genau 1435 mm ergebenden 4' 8 1/2", aber bald erschienen nur noch 1435 mm. Eine gesetzliche Festlegung dieser Spurweite erfolgte erst 1875 durch die Normen für Bau und Ausrüstung der Eisenbahnen Deutschlands, die später mit der Eisenhahnbetriebsordnung zu der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung von 1904 vereinigt wurden.
Auch bezüglich der Schmalspur war es der Verein Deutscher Eisenbahn-Verwaltungen, der die erste Regelung traf. In den „Grundzügen für die Gestaltung der secundären Eisenbahnen“ sind die Spurweiten von 0,75 m und 1 m vorgesehen. Diese "Grundzüge" sind vom Verein Deutscher Eisenbahn-Verwaltungen am 20. Juli 1869 in Wien angenommen worden und waren für die beteiligten Eisenbahnverwaltungen, nicht aber für die Regierungen bindend. Sie wurden allen Länderregierungen überreicht mit dem Ersuchen, sie bei Erteilung von Konzessionen tunlichst zu berücksichtigen. Tatsächlich ist dies auch in der Regel geschehen, und nur in wenigen begründeten Fällen wurde davon bei einigen Bahnen abgewichen.
Die deutsche Betriebsordnung für Bahnen untergeordneter Bedeutung vom 12. Juni 1878 hat sich diese Vorschläge zu eigen gemacht und als zulässige Spurweiten 1435 mm, 1000 mm und 750 mm vorgeschrieben.
Von den gültigen Vorschriften umfassen die "Berner Vereinbarungen", die erstmals 1887 zustande kamen, den geographisch weitesten Bereich. Sie werden kurz als "Technische Einheit", abgekürzt 'T.E.' bezeichnet und erlangten in den einzelnen Staaten durch ihre Ratifizierung Gesetzeskraft. Die Fassung [9] von 1938 ist am 1 . Januar 1939 in Kraft getreten und galt für das Deutsche Reich, Frankreich, Belgien. Bulgarien, Dänemark, Italien, Griechenland, Jugoslawien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Polen, Rumänien, die Schweiz, Schweden, die Tschechoslowakei , die Türkei und Ungarn. Artikel I - Spurweite - lautet:
§ 1 Im durchgehenden Gleis darf die Spurweite zwischen den Innenseiten der Schienenkanten bei neuzulegenden und umzubauenden Strecken nicht kleiner sein als 1435 mm.
Die Spurweite darf im Betriebe nicht kleiner werden als 1432 mm und selbst in Bögen und einschließlich der Spurerweiterung nicht größer werden als 1470 mm"
Die Bestimmungen lassen also die Wahl der Spurweite zwischen 1435 mm und sogar 1470 mm frei mit Rücksicht auf die tatsächlich etwas über 1435 mm liegenden Spurweiten Frankreichs, Italiens und Griechenlands. Sie beziehen sich auch nur auf Gleise und Fahrzeuge für den internationalen Übergangsverkehr. Es bleibt den Eisenbahnen überlassen, für den inneren Verkehr Gleise und Fahrzeuge in abweichender Form zu bauen.
Räumlich weniger weit gespannt, aber wesentlich eingehender sind die vom Verein Mitteleuropäischer Eisenbahnverwaltungen herausgegebenen "Technischen Vereinbarungen", abgekürzt "T.V.", über den Bau und Betrieb der Haupt- und Nebenbahnen. Sie sind eine Weiterentwicklung der oben genannten "Grundzüge für die Gestaltung der Eisenbahnen Deutschlands" und gelten für die regelspurigen Hauptbahnen in Deutschland, Österreich, Ungarn, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Schweden und der Schweiz. Die Bestimmungen über die Spurweite lauten hier:
'§ 2.1. Die Regelspurweite der Vollbahnen muss 1435 mm betragen.
2. Die Spurweite muss 14 mm unter der Schienenoberkante gemessen werden.
3. In Bögen muss so viel Spurerweiterung gegeben werden, wie es die Fahrzeuge erfordern.
4. Als Folge des Betriebes darf die Verengung der Spurweite in der Geraden sowie die Verengung der für die Bögen vorgeschriebenen Spurweite nicht mehr als 10 mm betragen, jedoch darf die Spurweite nicht größer als 1470 mm werden.
§ 15.6 Die Fahrkante neuer Schienen muss mit einem Halbmesser von 14 mm abgerundet sein.
§ 17. Die Schienen sollen mit Querneigung nach der Gleismitte hin verlegt werden; empfohlen wird die Neigung 1 : 20. "
Die Neigung 1:20 ist auch in England üblich.
Aus den oben angeführten Grundzügen für Secundärbahnen wurden die "Grundzüge für den Bau und Betrieb der Lokalbahnen" [10]. In ihrer Fassung von 1930 bestimmen sie in § 2:
"Die Regelspurweite der Vollbahnen muss 1435 mm sein. Die Spurweite muss 14 mm unter Schienenoberkante liegen. Für Schmalspurbahnen wird empfohlen, die Spurweite 1000 mm oder 750 mm anzuwenden; kleinere Spurweiten als 600 mm sollen nicht angewendet werden. ''
Für Deutschland lautete die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung vom 17. Juli 1928 betreffs der Spurweiten:
§ 9.1. Die Spurweite ist das lichte Maß zwischen den Schienenköpfen, 14 mm unterhalb der Schienenköpfe und senkrecht zur Gleisachse gemessen.
2. Das Grundmaß der Spurweite der Vollspurbahnen beträgt 1435 mm.
3. In Krümmungen kann zum Grundmaß eine Spurerweiterung gegeben werden; in Krümmungen unter 700 m Halbmesser muß sie gegeben werden. Der Reichsverkehrsminister bestimmt, mit welcher Spurerweiterung das Gleis bei den einzelnen Halbmessern zu verlegen ist; niemals aber darf das Maß von 1432 mm unterschritten oder das Maß von 1465 mm bei Hauptbahnen, 1410 mm bei Nebenbahnen überschritten werden."
Die Bau- und Betriebsvorschriften für nebenbahnähnliche Kleinbahnen vom 1. April 1914 sehen Spurweiten von 1435 mm, 1000 mm und 600 mm vor.
Die Kolonialeisenbahn-Bau- und Betriebsordnung - Reichskanzlerverordnung vom 15. Juli 1912, gültig vom 1. Januar 1913 an für die afrikanischen Schutzgebiete - lehnt sich an die Eisenbahnbau- und Betriebsordnung für Nebenbahnen vom 4. November 1904 an und sieht außer 1000 mm und 600 mm auch 1067 mm vor - dieses mit Rücksicht auf den späteren, nach dem 1. Weltkriege tatsächlich erfolgten Anschluss an die Südafrikanischen Eisenbahnen.
Die Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung vom 13. November 1937 [11] schreibt keine bestimmte Spurweite vor. Es heißt dort:
§ 5.1. Für jede Straßenbahn ist ein Grundmaß der Spurweite festzulegen. Die Spurweite ist das lichte Maß zwischen den Schienenköpfen, 9 mm unter Schienenoberkante und senkrecht zur Gleisachse gemessen.
2. Für Spurerweiterung in Gleisbögen oder als Folge des Betriebes und für Spurverengungen sind Grenzmaße festzusetzen.
Dabei ist die Bauart der Fahrzeuge zu berücksichtigen.
§ 15.1. Die Räder müssen Spurkränze haben. Ausnahmen bedürfen der Zustimmung der Aufsichtsbehörde.
Die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (BO) vom 17. Juli 1928 - unter Berücksichtigung der bis zum 1. September 1957 eingetretenen Änderungen gültig vom 1. September 1957 an - besagt unter § 9, Spurweite:
„(1) Die Spurweite ist das lichte Maß zwischen den Schienenköpfen, 14 mm unter der Schienenoberkante und senkrecht zur Gleisachse gemessen.
(2) Das Grundmaß der Spurweite beträgt 1,435 m.
(3) In Krümmungen kann zum Grundmaß eine Spurerweiterung gegeben werden; in Krümmungen mit Halbmessern unter 300 m muß sie gegeben werden.
Der Reichsverkehrsminister bestimmt, welcher Spurerweiterung das Gleis bei den einzelnen Halbmessern zu verlegen ist.
(4) Als Folge des Betriebs sind Veränderungen der vorgeschriebenen Spurweiten zulässig: niemals darf aber das Maß von 1,432 mm unterschritten oder das Maß von 1,465/1,470 m überschritten werden.“
In der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung vom 8. Mai 1967, gültig von1 28. Mai 1967 an, heißt es in § 5 über die Spurweite:
"(1) Die Spurweite ist der kleinste Abstand der Innenfläche11 der Schienenköpfe von 0 bis 14 mm unter Schienenoberkante (SO).
Das Grundmaß der Spurweite beträgt 1435 mm.
(3) In Bogen mit Halbmessern unter 200 m muss das Grundmaß der Spurweite wie folgt vergrößert werden:
Bogenhalbmesser Spurerweiterung
m mm
unter 200 bis 172 mindestens 5
172 150 10
150 134 15
134 100 20
(4) Die Spurweite einschließlich der in Absatz 3 angegebenen Spurerweiterung darf nicht großer sein als
1465 / 1470 mm;
sie darf nicht kleiner sein als 1430 mm.
In Bogen mit Halbmessern unter 240 m bis 200 m darf die Spurweite von 1435 mm nicht unterschritten werden.“
Anmerkungen
8) ORGAN 1896, S. 169.
9) Technische Vereinbarungen über den Bau und den Betrieb der Haupt- und Nebenbahnen. Verein Mitteleuropäischer Eisenbahn-Verwaltungen, 1930. Mit Nachträgen bis 1939. Berlin (Springer & Lange Technische Einheit im Eisenbahnwesen, Passau 1938. Berlin (Ernst & Sohn) 1939. Textausgabe mit Erläuterungen von Besser.
10) Grundzüge für den Bau und Betrieb der Lokalbahnen, herausgegeben vom Verein Mitteleuropäischer Eisenbahn-Verwaltungen, 1930. Mit. Nachträgen bis 1939.
Berlin (Lange & Springer).
11) Reichsgesetzblatt 1937, I, S. 1247. Kommentar: Schifferer, Die Straßenverkehrsordnung ... Frankfurt am Main (Breidenstein).
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