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Langfassung des gleichnamigen Beitrags aus EISENBAHN GESCHICHTE 65

Mit „Atlas“ und „Pluto“ nach Müngersdorf

Ein erster Schritt zum Verkehrskreuz des Westens
In Köln wurden am 2. August 1839  6,7 km Eisenbahn feierlich eröffnet

Der 2. August 1839, ein Freitag, war der Vortag des 69. Geburtstages König Friedrich Wilhelms  III  von Preußen, ein schöner Sommertag mit wenig bewölktem Himmel. Ein leichter Südwind wehte. Das Thermometer zeigte 20 Grad Wärme.
Die Kölnische Zeitung berichtete an diesem Tage über eine Zunahme des „Dampfbootverkehrs“ auf dem Rhein und der ersten Fahrt eines solchen Fahrzeuges auf der Donau zwischen Regensburg und Ulm. In einem längeren Artikel zu dieser neuen Art des Verkehrs auf dem Wasser wurde „… über Stoßen und Schütteln von Dampfbooten“ beredte Klage geführt, denn „…das Publicum ist in diesem Puncte so empfindlich…“
Der geplante Neubau der Apollinariskirche oberhalb von Remagen am Rhein war in dieser Ausgabe ausführlicher beschrieben: der Grundstein für die Ausführung des Entwurfs von Kölns Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner wurde nämlich wenige Tage zuvor, am 27. Juli, gelegt.
Kurze Notizen betrafen unter anderem einen auf „verderbliche Weise“ wirkenden Geldmangel in Amerika und die Entdeckung eines neuen Kometen auf der Sternwarte des Collegio Romano in Rom…
Und aus Lütticher Wirtschaftskreisen wurde, kurz und bündig, diese Auffassung, datiert auf den 29. Juli, mitgeteilt: „Wirklich ist die schnelle Verbindung der Eisenbahn von Antwerpen nach Köln unerläßlich.“
Diese Aufforderung erreichte die Leser der Kölnischen Zeitung, mithin schwarz auf weiß, just am Morgen jenes Tages, an dem die Direktion der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft einen ausgewählten Kreis von 450 Personen eingeladen hatte. Feierlich begangen werden sollte, am Vorabend des Geburtstages des Landesherrn (solche Tage wurden für besondere Anlässe, wie diesen, damals gern gewählt..), die Eröffnung der ersten Kilometer „ihres Teils“ dieser deutsch-(genauer: preußisch-)belgischen, im Wortsinne bahnbrechenden Gemeinschaftsleistung: der weltweit ersten internationalen Eisenbahnverbindung von Köln über Aachen und Lüttich nach Antwerpen.

Aller Anfang ist klein….

Am Nachmittag hatten sich dazu etwa 450 Geladene „…in dem ebenso freundlich und geschmackvoll, als zweckmässig eingerichteten Bahnhofe (Am Thürmchen in Köln, U.N.) eingefunden.“
Und, so die Kölnische Zeitung am 3. August 1839 dazu weiter: „Indem wir unser Blatt zur Presse geben (am 2. August, U.N.), strömt eine große Menge nach der Gegend des Bahnhofes hin, um sich an dem für unsere Stadt noch neuen Anblick einer Dampfwagenfahrt...zu erfreuen.“
Ausführlich hat die Kölnische Zeitung am 4. August über die Feierlichkeiten so berichtet:
Um fünf Uhr versammelten sich im Bahnhofs-Gebäude die zum Feste eingeladenen Gäste, unter welchen die Gegenwart der hohen Militär- und Civil-Behörden des Bezirks das Interesse bekundete, welches die Staatsverwaltung an dem Fortschritte des großen Baues nimmt. In dieser Beziehung muß besonders erwähnt werden, daß der königliche Oberpräsident der Rheinprovinz, Herr Freiherr v o n  B o d e l s c h w i n g h – V e l m e d e und der interimistische Commandierende des 8. Armee-Corps, Herr General-Lieutenant v o n  C o l o m b Excellenz, eigens von Coblenz zur Beiwohnung der Feierlichkeit herübergekommen waren. Auch der berühmte Ingenieur und Erbauer der belgischen Eisenbahnen, Herr S i m o n s, war zum
gleichen Zwecke von Lüttich eingetroffen, sowie ebenfalls Deputirte der Düsseldorfer Eisenbahn-Verwaltung gegenwärtig waren. Von den Mitgliedern der Direction der
Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft fehlten wenige, die meisten der in Köln wohnenden Actionäre, sowie mancher von auswärts hatten sich eingefunden.“
„In dem Saale des Stationsgebäudes, unter der mit Lorbeern bekränzten Büste Sr. Majestät des Königs…“ hielt der seit dem März 1839 amtierende Präsident der Gesellschaft, Appellationsgerichtsrat  Friedrich von Ammon, die Festansprache – ein ebenso tüchtiger wie bei der Regierung angesehener Mann.
Er begann, denn es war eine poetische Zeit, seine Rede in Reimform:
                             „Will der Mensch ein Werk vollbringen/
                              wähl‘ er sich ein ernstes Wort/
                              Das ihn treibe fort und fort/
                             Und das Schwere wird er zwingen.“
In der Festrede finden sich Gedanken, die, zeittypisch, in ähnlicher Form in allen damaligen Eröffnungsfeiern („Inaugurationen“) von Eisenbahnlinien angeklungen sind. Die involvierten Zeitgenossen waren von dem Bewusstsein erfüllt, nichts weniger als „Die Verwandlung der Welt (Jürgen Osterhammel), eine alle Lebensbereiche erfassende Umwälzung zu erleben. Und die Eisenbahn, eine Revolutionierung der Mobilität, verkörperte das neue, ein aufziehendes technisches Zeitalter.
„Wir leben in einer großen Zeit – führte von Ammon aus - ….Ungeachtete Naturkräfte, welche, seit die Erde in ihren Bahnen rollt, in tiefem Schlummer lagen, erwachen, angehaucht von dem schöpfenden Menschengeiste, und werden ihm dienstbar…. Raum und Zeit verschwinden, ferner Länder Schönheiten und Güter treten uns nahe – Völker reichen sich brüderlich die Hand im Austausche dessen, was Natur und Industrie einem jeden Eigenthümliches gaben.“ Und weiter „Aller Anfang ist klein und nur eine kleine Strecke der großen Bahn wird heute eröffnet…Heute führt die Freude unseren Zug, aber der Ernst wird ihn weiterführen, und die Wohlfahrt des Landes wird seinen Fersen folgen…Rollt erst unser Wagen, welche menschliche Hand vermag es dann, in seine Speichen zu greifen. Zermalmend wirft er die sich ihm entgegenstellenden Vorurtheile und Particularinteressen zu Boden.“
Und er schloss mit einem Heil auf  König und Vaterland und „Heil dem Werke, das wir für die Wohlfahrt und Ehre des Vaterlandes gründen, das der Segen Gottes überschatten wird…Hierauf bringe ich ein dreifaches Hoch. Und nun zum ersten Male: Vorwärts.“
Dann wurden, so der zeitgenössische Zeitungsbericht,  „…die Thüren geöffnet, unter dem Donner der Kanonen und den feierlichen Tönen des Liedes „Heil Dir im Siegerkranz“ wurden die hohen Gäste an die Wagen geführt und beim lauten Jubel der großen Menge von Zuschauern die erste Fahrt begonnen…“

Bescheidene 6,7 Kilometer

Mit dieser „Inauguration“, der Inbetriebnahme von nicht ganz 7 km Schienenstrang, begann vor 175 Jahren das Eisenbahnzeitalter in Köln. Es war ein erster Erfolg. Und der hatte beinahe ein Jahrzehnt auf sich warten lassen.
Eines umfangreichen Briefwechsels zwischen den am Vorhaben Interessierten und Beteiligten, zahlreicher Gespräche und Verhandlungen zwischen den Befürwortern mit unterschiedlichen bis kontroversen Positionen hatte es bedurft. Vorgelegt worden sind
zwecks Beförderung dieses grenzüberschreitend konzipierten Infrastrukturprojektes mit
weitreichender Bedeutung und bemerkenswerter standortbildender Kraft und des
„Eisenbahngedankens“ überhaupt einige fundamentale Schriften: Herausragend darunter ist „Zur Eisenbahn von Köln nach Antwerpen“(1833 und 1835) gewesen. Es war die Frucht eines umfassenden, sehr sorgfältigen Studiums aller greifbaren in- und ausländischen Publikationen über Eisenbahnen. Der Kölner Unternehmer Ludolf Camphausen hatte sich dem unterzogen. Die auf solcher breiten Grundlage entstandene Schrift gilt zu Recht als eine der bedeutendsten frühen deutschen Veröffentlichungen zu Eisenbahnfragen. Propagiert wird darin zwecks Unterlaufens der restriktiven, nämlich ex- und importkostenrelevanten holländischen Rheinzölle der Bau einer jetzt möglichen leistungsfähigen Landverbindung mit Hilfe einer ganz neuen Technik – ein, wie Camphausen sie benannte, „Eiserner Rhein“.
Eine solche Bahnlinie hatten übrigens schon 1829  Unternehmerkreise im damals noch niederländischen Lüttich für sinnvoll gehalten und deshalb beantragt.
Ein im Mai 1833 zu dessen Realisierung gegründetes Kölner Komitee mit Camphausen als  treibender Kraft erhielt dafür auf Antrag im Dezember des gleichen Jahres per preußischer Kabinettsorder eine vorläufige Konzession „Zur Anlage einer Eisenbahn von der westlichen Landesgrenze gegen Belgien bis Köln.“
Das vorläufige Grundkapital wurde im Januar 1834 mit 1,5 Mio Talern (46,5 Mio €), verteilt auf 6 000 Aktien zum Nennwert von je 250 Talern, festgelegt. Es ist vor allem von Kölner Banken, aber auch einem breiten Kreis privater Anleger sehr zügig gezeichnet worden.

Dauerhafter Konflikt um die Linienführung

Um Planungs- und Projektierungssicherheit zu gewinnen, beauftragte das Komitee im März des gleichen Jahres mit dem Wasserbau-Ingenieur Ludwig  Henz einen der damals noch wenigen Fachleute mit der Erstellung eines Gutachtens zur Festlegung der Trasse von Köln bis zur belgischen Grenze. Im Frühjahr 1835 legte der eine ausführliche, viele, vor allem englische Ergebnisse und Erfahrungen einbeziehende Arbeit vor, in der denkbare alternative bautechnische Lösungen sorgfältig gegeneinander abgewogen worden sind. Geländeschwierigkeiten, eine notwendige Querung mehrerer Wasserscheiden, die Kessellage Aachens, oftmals noch in den Anfängen steckende und deshalb noch unzulängliche neue Techniken und auch Kostengründe veranlassten den Gutachter zu einem Linienvorschlag, der sofort heftigen Widerspruch auslöste: keine Querung der Ville, des Vorgebirges westlich Köln auf geradem Wege, sondern in nordwestlicher Richtung und Anschluss Dürens und Aachens durch Stichbahnen.
Diese beiden Städte waren dadurch als prosperierende Gewerbezentren in elementaren Interessen berührt. Es gab Proteste, denn auf Kölner Seite wurde – trotz deren ursprünglicher Vorstellung, Düren und Aachen, was den regionalwirtschaftlichen Erfordernissen ganz fraglos entsprach, direkt anzubinden – allein Konkurrenzdenken, gar schnöde List vermutet.
Obwohl unter den am „Eisernen Rhein“ interessierten Kreisen alles andere als Übereinstimmung zu der zu wählenden Linienführung herrschte, waren im Mai 1835 Aktien im Gesamtbetrag von 1 Mio Taler (31 Mio €) gezeichnet.

Die Rheinische Eisenbahngesellschaft entsteht

Angesichts dieses Erfolges bei der Einwerbung von Eigenkapital setzte Camphausen die
Gründungsversammlung der zu bildenden Aktiengesellschaft für die zweite Julihälfte fest
und entwarf ein Grundgerüst für das Rheinische Eisenbahngesellschaft zu benennende
Unternehmen – mit einem Grundkapital von 2 Mio Talern (62 Mio €), aufgeteilt in 8 000 Aktien zu je 250 Talern. Das sollte sich ständig mit 5% verzinsen, d.h. pro Aktie jährlich 12, 50 Taler Ertrag abwerfen.
Eine Generalversammlung sollte einen 24köpfigen Administrationsrat wählen. Der wiederum hatte eine wöchentlich einmal tagende, aus fünf Mitgliedern bestehende Direktion mit Sitz in Köln zu bestimmen.
Die von Henz vorgeschlagene und durchgerechnete Trasse wurde zur Ausführung bestimmt. Heftige Einwände und sogar Angriffe seitens der an der Gründungsversammlung teilnehmenden Aachener und Dürener Aktionäre fruchteten nicht.

Organisierter Widerstand in Aachen und Düren

Die Stadtoberhäupter der betroffenen Städte, der Landrat des Kreises Düren, Aachens Regierungspräsident, der Oberpräsident der Rheinprovinz in Koblenz und maßgebliche Unternehmer in Aachen, Burtscheid, Stolberg, Eschweiler und Düren engagierten sich für eine direkte Anbindung.
In Aachen bildete sich dafür ein Komitee, dessen Wortführer mit David Hansemann ein erfolgreicher Großhändler, Versicherungs- und Bankgründer, Mitglied und später Präsident der Aachener Handelskammer wurde.
In die anhaltenden, oftmals mit Leidenschaft geführten, auch nicht selten verletzenden
Diskussionen und Debatten schaltete sich in Wort und Schrift, auch über das Rheinland hinaus und sogar des dortigen Interesses an der Bahnverbindung wegen auf Belgien übergreifend, mancher aus dem vorerst noch langsam anwachsenden Kreis früher Befürworter, Theoretiker, Praktiker und Beförderer des neuen, nämlich in seinen Effekten revolutionären Landverkehrsmittels ein.

Neue Gutachten und Stellungnahmen

Weitere Gutachten und zahlreiche Stellungnahmen mit technischen und ökonomischen Aussagen sind zu den unterschiedlichen Trassierungsvorschlägen, von Kölner und Aachener Seite, zusätzlich von den zwei renommierten belgischen Eisenbahningenieuren Peter (Pierre) Simons und Gustav (Gustave) de Ridder beigebracht und überdies des prinzipiell gegebenen, unauflöslichen Dissenses wegen von der preußischen Administration sogar eingefordert worden.

Intensive Lobbyarbeit und beginnende Vorbereitungen

Für das Gelingen des Vorhabens „Eiserner Rhein“ war entscheidend, die vorhandenen Kontakte und Verbindungen zu Entscheidungsträgern auf allen Ebenen der preußischen und auch der belgischen Verwaltung bis hinauf zu den Monarchen zu intensivieren und vor allem zu nutzen.
Briefwechsel, Hereinreichen von weiteren Denkschriften, Reisen, auch über längere Zeit, in die politischen Entscheidungszentren, um gewährte Audienzen bei Ministern, dem preußischen Kronprinzen und dem Monarchen höchstselbst wahrzunehmen, gehörten zu den gewählten Mitteln.
Die an der Vorbereitung beteiligten Ingenieure und Techniker, auch vorgesehenes
Bahnpersonal für Betrieb und Verwaltung sammelten, bevor bindende Entscheidungen zum Bau der Strecke gefallen waren, bereits wertvolle und damit unverzichtbare Erfahrungen in England und Belgien.
Schließlich mussten, zweckmäßig durch früh beginnende werbliche Maßnahmen, in und außerhalb der Region, risikobereite institutionelle (Banken) und private Finanziers für die Übernahme der verbrieften und damit handelbaren Eigenkapitalanteile eines solchen Großunternehmens in Form von Aktien gefunden werden.
Das alles fand natürlich über die Jahre ein zunehmend deutlicher vernehmbares Echo in der Presse. Lokale, regionale, auch überregional in Deutschland verbreitete Zeitungen und Zeitschriften, dazu maßgebliche Blätter in Belgien, begleiteten Fortgang, Stillstände, Erfolge und Probleme mit unzähligen kleinen Notizen, knappen Meldungen, größeren bis sehr umfangreichen Beiträgen. Vereinzelt sind letztere sogar als spezielle Beilagen erschienen.
Alles in allem gab es bei keinem anderen der frühen Eisenbahnunternehmungen auf deutschem Boden, was ja die benötigte „Reifezeit“ von fast einem Jahrzehnt für das Projekt Köln-Aachen deutlich macht, so viele Schwierigkeiten. Der Weg bis zum Baubeginn auf der „preußischen Seite“ des „Eisernen Rhein“ war deshalb so etwas wie ein „…förmlicher Kreuzweg…“

Durchtrennung eines gordischen Knotens

Eine im April 1836 auf Verlangen des preußischen Ministeriums (der Regierung) in Jülich unter dem Vorsitz des Oberpräsidenten der Rheinprovinz abgehaltene Konferenz hatte nämlich die divergierenden Interessen nicht ausgleichen können. Und auch die auf Initiative David Hansemanns in Aachen gegründete Konkurrenz zur Kölner Rheinischen Eisenbahngesellschaft, die „Preußisch - Rheinische Eisenbahngesellschaft“ war, weil Berlin zu ihr auf Distanz ging, kein geeigneter Ausweg aus dem Konflikt.
So entschloss sich im Dezember 1836 die preußische Regierung, dem König einen Ausweg vorzuschlagen. Mittlerweile war nämlich das Misstrauen gegenüber einer Verklammerung des  liberal  verfassten belgischen Königreiches durch eine Eisenbahn mit Preußens Westen
abgelöst worden durch ein staatliches Interesse am Zustandekommen der Verbindung.
Der Ausweg ist durch Kabinettsorder vom 12. Februar 1837 getroffen worden. Als Linienweg ergab sich daraus für den „preußischen Teil“ des „Eisernen Rhein“ dieser Verlauf: Köln-Freihafen – Müngersdorf – Lövenich – Horrem – Düren – Eschweiler – Stolberg – Burtscheid – Aachen – belgische Grenze bei Herbesthal und von dort Bau einer Stichbahn nach Eupen.
Konzessioniert wurde die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft – und zwar für den, übrigens ursprünglich kölnseitig, nämlich vor Fertigstellung des erwähnten Henz’schen Gutachtens, vorgesehenen Linienweg über Düren und Aachen. Als Sitz des Unternehmens ist Köln bestimmt worden. Ein Ministererlass legte fest, dass der Aachener Seite eine Beteiligung von 1,2 Mio Talern am Gesamtkapital von veranschlagten 3 Mio Talern und eine angemessene Beteiligung bei der Besetzung der Leitungs- und Kontrollgremien zuzugestehen sind.

Erste gemeinsame Generalversammlung

Ende Mai/Anfang Juni 1837 beschloss die erste gemeinsame Generalversammlung die Verschmelzung beider Aktiengesellschaften zur „neuen“ Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft und wählte deren Direktorium. An dessen Spitze stand der Kölner Landgerichtspräsident von
Oppen. David Hansemann wurde zum Vizepräsidenten gewählt. Allseitiges Bedauern löste
aus, dass mit Ludolf Camphausen der Kölner Initiator des „Eisernen Rhein“ seine einstimmige Wahl in das Führungsgremium nicht annahm.
Das Grundkapital wurde mit 3 Mio Talern (93 Mio €) veranschlagt, aufgeteilt in 12 000 Aktien zu je 250 Talern.
Es war bis Mitte 1837 von 626 Aktionären gezeichnet. Bankhäuser und Bankiers im In- und Ausland nahmen 3 332 Aktien im Nennwert von 833 000 Talern (27,8%) in ihre Portefeuilles. Die Kölner innovativen, weil risikobereiten Häuser Sal. Oppenheim jr. & Cie., Schaaffhausen, Herstatt und Stein erwarben mit 1 632 Stücken für zusammen 408 000 Taler 13,6% des Kapitals. Unter den privaten Anlegern war David Hansemann mit 103 Aktien vertreten. Ludolf Camphausen zeichnete nur zehn….
Per Kabinettsorder vom 21. August 1837 erging die endgültige Konzession für die ebenfalls in einer Kabinettsorder im Februar des gleichen Jahres festgelegte und weiter vorn genauer beschriebene Linienführung an die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft.
Die endgültige Konzession schloss übrigens die Erlaubnis ein, anderen Unternehmen „gegen Bahngeld“ die Benutzung des Fahrweges zu gestatten.

Endlich Baubeginn

Bereits vor Erteilung der endgültigen Konzession für den Bau der Bahn begann der als Leiter für die dazu erforderlichen Arbeiten verpflichtete Baukondukteur ( nach heutigem Begriff ein Oberingenieur) August Eduard Pickel  Mitte 1837 mit Aufnahmen des Nivellements, bereitete Bauarbeiten vor und leitete Arbeiten für eine Erstellung der Kostenanschläge ein.
Mit ihm hatte die Eisenbahngesellschaft, wie 1834 eine ihrer Vorgängerinnen mit dem Wasserbau-Ingenieur Henz, wieder einen ausgewiesenen Fachmann verpflichten können. Er konnte seit 1830 auf allen diesen Tätigkeitsfeldern reichhaltige Erfahrungen sammeln: Bei der Projektierung (noch pferdebespannter) Kohlenbahnen nördlich der Wupper, bei der Erstellung eines Kostenvoranschlages für die erste Lokomotiveisenbahn in Preußens Westen zwischen Düsseldorf und Erkrath.
Hohe Staatsbeamte und der Eisenbahnpionier Nikolaus Egen hatten Pickel der Rheinischen Bahn auch deshalb empfohlen, weil er über praktische Erfahrungen mit dem Brücken-, vor allen Dingen aber dem Bau von Viadukten verfügte und sich „…viel Übung verschafft…(hatte bei der) „…Übersteigung von Gebirgen und Anlegung von stehenden Dampfmaschinen.“ (sogenannten „Maschinenbergen“). Zwischendurch hatte er sich auf den Strecken und in den Verwaltungen englischer Bahngesellschaften, auch in Belgien, informiert.
Die ganze Bahnstrecke Köln-belgische Grenze wurde in vier Sektionen eingeteilt. Jeweils ein Sektionsingenieur leitete darin verantwortlich die Bauarbeiten.
Ebenfalls ab Mitte 1837 begann die Gesellschaft mit dem Ankauf der nötigen Grundstücke und musste wegen mancher Preisforderungen ad infinitum bereits zähe und langdauernde Verhandlungen führen.  Insgesamt war mit mehr als 3 000 Eigentümern zu verhandeln. Es zeichnete sich dabei ab, dass man als ultima ratio das Erwirken von gerichtlichen Expropriationsbeschlüssen – wie jetzt und vorher im Straßenbau – nicht würde verhindern können.
Die Bauarbeiten begannen mit dem üblichen ersten Spatenstich am 1. April 1838. In allen vier Sektionen waren zunächst und zeitgleich Arbeiten für das Planum der Strecke angesetzt.
Da schon vorliegende englische und belgische Erfahrungen für Verbindungen mit hohem Verkehrsaufkommen im Interesse eines optimalen Verkehrsablaufes zwingend
Doppelgleisigkeit verlangten, regte Pickel mit Erfolg an, dass das Planum, auch auf Brücken
und in Tunnels, sofort so dimensioniert wurde, dass – zu nur einem Drittel Mehrkosten, wie er errechnet hatte – später ein zweites Gleis gelegt werden konnte.: Eine gute, zukunftsbezogene Entscheidung, die spätere kostspieligere Erweiterungsarbeiten a priori verhinderte.
Auf der ersten regelmäßigen Generalversammlung der Rheinischen Eisenbahn am 11. Mai 1838 konnte deren Präsident von Oppen mit Genugtuung berichten: „Es freut uns, Ihnen sagen zu können, daß Herr Simons nach Prüfung der ihm vorgelegten sämmtlichen Nivellementspläne unserer Eisenbahn von Köln bis zur belgischen Gränze, die Linie für vorzüglich und für vortheilhaft erklärt hat.  Die Ansicht eines so berühmten Ingenieurs ist in dieser Richtung von großem Werth.“

Anspruchsvolle Bauaufgaben

Die zu erfüllenden Bauaufgaben für die detailliert aufgemessene und durchgeplante, bis zur Grenze „gegen Belgien“ bei Herbesthal 85,8 km lange Strecke waren qualitativ anspruchsvoll und quantitativ umfangreich.
Es mussten insgesamt 197 kleine und größere Brücken erstellt werden, darunter drei Flussbrücken über – von Ost nach West – Erft, Rur und Inde. Damit begann man ebenso zeitig wie mit den Viadukten bei Burtscheid und Geuel.
Fünf Tunnel waren vorgesehen, um Steilstrecken, die damals noch nur vermittels stehender Dampfmaschinen und Seilzügen zu bewältigen waren, zu vermeiden.
Schließlich waren zahlreiche Einschnitte anzulegen und Dämme zu schütten. Zur Dammschüttung benutzte man den Aushub der Einschnitte. Er wurde mit pferdebespannten, eigens beschafften „Erdwagen“ auf zunächst provisorisch gelegten Gleisen transportiert.
Vier besondere bauliche Herausforderungen galt es mit den Viadukten bei Burtscheid und über das Geulbachtal sowie dem Königsdorfer Tunnel und der Ronheider Rampe westlich von Aachen zu meistern.
In langwierigen Verhandlungen mit der Eisenbahngesellschaft gestattete die Aachener Regierung anstelle eines Dammes bei Burtscheid den Bau eines Viaduktes. Eine erforderliche Hochlegung der Trasse im Kessel zwischen Aachen und Burtscheid erwies sich zwar, welche bauliche Lösung dafür auch immer gewählt wurde, als hemmendes Element für die zukünftige Siedlungsentwicklung. Die Entscheidung für einen steinernen Viadukt an dieser Stelle konnte die trennende Wirkung allerdings optisch mildern.
Entworfen wurde das eindrucksvolle Brückenbauwerk mit 19 Pfeilern von Pickel und unter seiner Leitung in Zusammenarbeit mit dem Ingenieur Friedrich Wittfeld und Maurer A. Reuss errichtet. Eine Gedenktafel an der steinernen Arkade erinnert noch heute daran.
Die Grundsteinlegung erfolgte am 22. Oktober 1838 im Beisein von Repräsentanten der Eisenbahngesellschaft, Behördenvertretern und zahlreichen Zuschauern.
David Hansemann nannte in seiner Rede zu diesem Anlass den „..Riesenbau … (ein Vorhaben, das)… sich würdig den großen Werken der Römer anschließen wird…“ Nach einem dreimaligen, „dem Landesvater ausgebrachte(n) Lebehoch…“ setzte er, so der Bericht in der Kölnischen Zeitung, hinzu: „Und nun, meine Herren, lassen sie uns den Grundstein zu einem Werke legen, dem Gott seinen Segen schenken möge.“
Sehr früh angegangen wurde die größte bauliche Herausforderung, der Königsdorfer Tunnel unter dem Villerücken westlich von Köln. Teilweise musste 35 m „unter Sand“ über eine Länge von mehr als 1,5 km gebaut werden. Dafür gab es damals nirgendwo ein vollends
ausreichendes Vorbild. Bereits realisierte Tunnel boten allenfalls bauliche Teillösungen.
Deshalb musste hier unter Einbezug englischer, vor allem belgischer Erfahrungen (Verwendung eines „Richtstollens“) mit der „Kernbau-„ oder „deutschen Methode“  Neuland im Tunnelbau betreten werden. Das gelang mit weiterem Nutzen für den späteren Tunnelbau Oberingenieur Pickel, Obersteiger Sauer und einem Mitarbeiter namens Hummerich.
Der Sohl- oder Richtstollen war bereits im November 1838 auf der ganzen Länge durchgetrieben. Um die Arbeiten zu beschleunigen, wurden fünf senkrechte Hauptschächte abgeteuft.
Sächsische Bergleute und belgische Ziegler arbeiteten auf dieser lange Zeit größten Baustelle auf dem europäischen Festland. Zeitweise waren dort bis zu 1 000 Arbeiter tätig.
Die Tunnelröhre wurde mit Hartziegeln ausgekleidet. Da davon täglich bis zu 40 000 (!) verbaut worden sind, errichtete die Gesellschaft bei Königsdorf eine eigene Ziegelei.
Während des Baus schauten immer wieder interessierte prominente Besucher vorbei: Prinz Wilhelm von Preußen, der preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm und spätere König Friedrich Wilhelm IV, belgische Minister, Entscheidungsträger der belgischen Eisenbahnen und deren maßgebliche Ingenieure Peter (Pierre) Simons und Gustav (Gustave) de Ridder, auch der Generalinspekteur der preußischen Festungen, Ernst Ludwig von Aster.
Gekostet hat der zweitälteste und für viele Jahre längste Eisenbahntunnel  Deutschlands übrigens 808 000 Taler (25 Mio €).
Die Ronheider Rampe westlich von Aachen wurde zuerst, was der damals „herrschenden Technik“ in solchen Fällen entsprach, mit einer stehenden Dampfmaschine ausgerüstet.
Kein geringerer als die seinerzeit höchste Autorität auf dem Gebiet der Eisenbahntechnik, Robert Stephenson, hatte dazu geraten: wie schon für die Steilrampe zwischen Erkrath und Hochdahl im Verlauf der ersten Eisenbahn im preußischen Westen zwischen Düsseldorf und Erkrath. Und in einer Versammlung des Administrationsrates der Rheinischen Eisenbahn im März 1838 waren zu „…Unbequemlichkeit und Gefahren…“ der geneigten Ebene Berichte der englischen Techniker Robert Stephenson, Bidder und Locke verlesen worden.
Die stehende Dampfmaschine zog die Züge in Richtung Herbesthal und Lüttich bergan. Die abwärts in Richtung Aachen verkehrenden Züge wurden vermittels einer speziellen Bremsvorrichtung befördert.
Es dauerte indessen nur wenige Jahre, bis die immer leistungsfähiger ausgelegten (Führungs- und gegebenenfalls unterstützenden Schiebe-)Lokomotiven eine solche Rampe im bloßen Reibungsbetrieb bewältigen konnten.
An der Ronheider Rampe gab es übrigens den ersten elektromagnetischen Telegrafen für Eisenbahnzwecke in Deutschland.

Umfangreiche Ausschreibungstätigkeit

Kurz vor und dann den Verlauf der Bauarbeiten begleitend, hat die Gesellschaft per Zeitungsannoncen, so nannte man sie damals, „lusttragende oder „qualifizierte lieferungslustige (d.h. an der Abgabe einer Offerte interessierte) Unternehmer“ um „Soumissionen“ (Angebote) ersucht. Die wurden versiegelt erbeten und sind dann, damals bereits sozusagen gleichbehandlungsgerecht, in Gegenwart eines „Soumissionärs“ geöffnet worden.
Deratige Ausschreibungen betrafen Schwellen, eiserne Schienenstühle, Schienennägel und –laschen, Baumaterial, diverse Werkzeuge und „Erdwagen“.
Manches Erforderliche für Bau und Betrieb konnte die noch junge preußische und auch die
Industrie in anderen deutschen Gliedstaaten und selbst in Westeuropa überhaupt noch nicht oder noch nicht in ausreichender Qualität liefern: Schienen, Weichen, Personen- und Güterwagen, vor allem aber „Dampfwagen“. Offerten wurden deshalb bei englischen und belgischen Lokomotivwerken und bei einer Brüsseler Waggonfabrik eingeholt. Als Schienenlieferant war aber die Lendersdorfer Hütte von Eberhard Hoesch bei Düren recht bald konkurrenzfähig.
Frühzeitig angeworben wurden Erdarbeiter, Maurer- und Schachtmeister, Schreiner und Schmiede, Bahnpersonal für Betrieb, wie künftige „Feuerschürer“ (Lokomotivheizer), „Wagenlenker“ (Lokomotivführer), Schirrmeister (Zugbegleiter, auch mit Bremserfunktion), Kondukteure (Schaffner) und Verwaltung. Auch Subunternehmer sind gewonnen worden.
Mechaniker, zukünftiges Fahrpersonal, Bauingenieure und Techniker sind während der gesamten Bauzeit des preußischen Teils des „Eisernen Rhein“ immer wieder, auf Kosten der Gesellschaft, aber mit Nutzen für diese, auf Dienstreise in Großbritannien und Belgien zwecks Ersterwerbs oder Verbesserung fachlichen know-hows gewesen.
Angehende Kondukteure wurden zum Erwerb von französischer Sprache und „Sitte“ nach Belgien geschickt – gebaut wurde schließlich die erste internationale Eisenbahnlinie und im von ihr durchquerten Nachbarland Belgien ist auch (wallonisch gefärbtes) Französisch gesprochen worden und ein Anschluss der belgischen Bahnen an einen französischen Schienenweg in Richtung Paris war schon vorgesehen und würde nicht mehr lange auf sich warten lassen…..

Herstellung von Öffentlichkeit

Das noch immer Neue, der Bau einer Eisenbahnlinie wurde von den Zeitungen, die in den Städten und Gemeinden an der Trasse des „Eisernen Rhein“ erschienen, aufmerksam beobachtet. Schwierigkeiten und Erfolgen, nämlich Fortschritten, widmeten die Zeitungsleute knappe Notizen, längere Meldungen und, ab 1838, zunehmend eine ausführliche Berichterstattung.
Quelle dafür waren eigene Recherchen an der Strecke, im Kreis der Entscheidungsträger der Eisenbahngesellschaft, bei ihren Aktionären und nicht zuletzt die von der Rheinischen Eisenbahn selbst zur Verfügung gestellten Informationen über Gremiensitzungen, Personalien, Baufortschritte, auch Schwierigkeiten, besondere Beschaffungsmaßnahmen. Deshalb konnten die interessierten Zeitgenossen im Rheinland und darüber hinaus den Fortgang des Vorhabens „Eiserner Rhein“ recht regelmäßig in den Zeitungsspalten verfolgen.
Im Februar 1839 behielt sich die Direction der Gesellschaft dann vor, eine monatliche Übersicht zum Fortgang der Arbeiten, unterteilt nach den vier eingerichteten Sektionen, „…zur Kenntnisnahme der Herren Actionnäre…“ zu veröffentlichen. Dieses Material stand auch den Zeitungen zur Verfügung.
Im eigenen, nämlich einem frühen werblichen Interesse hat die Rheinische Eisenbahn auf diese Weise mit zeittypischen Mitteln und Methoden ein bemerkenswertes Maß an Öffentlichkeit hergestellt.

Lokomotiv- und Waggonbeschaffung

In ihrer Ausgabe vom 8. Juli 1838 meldete die Kölnische Zeitung in einem sehr ausführlichen Bericht – und zwar „…aus einer ganz zuverlässigen Quelle“ – über den Stand der Bauarbeiten
und Vorgänge zur Lokomotiv- und Waggonbeschaffung, dass „von den sieben Locomotiven,
welche vertragsgemäß aus den besten englischen Fabriken erwartet werden,…nächstens die erste eintreffen (wird); und es steht rücksichtlich der Lieferung der Personen-Wagen der Abschluß eines Vertrages mit einem angesehenen Lieferanten, auf dem Grund desfallsiger bündiger Bedingungen, baldigst zu erwarten.“
Offerten für die benötigten Lokomotiven hatte die Rheinische Eisenbahn bei Herstellern in England (Stephenson; Sharp; Longridge, Starbuck & Co.; Forrester) und in Belgien (Cockerill;
Regnier-Poncelet) bereits sehr früh (1837) eingeholt.
Stephenson’s Angebot (Pickel hatte ihn auf einer Englandreise kontaktiert und bei dieser Gelegenheit ist auch eine Lokomotivenlieferung besprochen worden) zwischen 15 750 und 17 230 Talern (488 250 und 534 130 €) pro Maschine empfand die Gesellschaft, in deren Leitungsgremien viele „spitz rechnende“ Kaufleute saßen, als zu hoch. Man orderte deshalb die ersten drei Lokomotiven mit Schlepptender –  sie bekamen die Namen „Atlas“, „Pluto“ und „Phönix“ – beim lokalen Konkurrenten Longridge, Starbuck & Co. in Newcastle, der Wiege der Lokomotivindustrie. Für „Atlas“ waren 13 000 Taler (403 000 €) zu bezahlen, „Pluto“ und „Phönix“ kosteten je 12 000 Taler (372 000 €).
Die vierte Lokomotive wurde bei der Firma Dobs& Poensgen beschafft. Dieses Aachener Etablissement gehörte zu den ersten Herstellern von Lokomotiven in Deutschland, kam aber über zwei Exemplare nicht hinaus. Sie gingen an die Düsseldorf-Elberfelder und die Rheinische Eisenbahn. Es war damals noch eine leichtsinnige Entscheidung, eine, wenn auch unter Mitwirkung des englischen Firmenteilhabers Samuel Dobs gebaute Maschine aus heimischer Produktion zu kaufen.
Die „Carolus Magnus“ getaufte Lokomotive hatte nach einem Bericht in der Aachener Zeitung vom Oktober 1839 mit fünf angehängten „Lastwagen“ in fünf Minuten eine halbe Meile zurückgelegt und wurde allein als Baulokomotive für Erdtransporte eingesetzt. Sie erwies sich als sehr reparaturanfällig und ist nach kurzer Zeit außer Dienst gestellt worden.
Die im Frankfurter Journal 1838 einmal geäußerte Hoffnung, dass „diese Fabrik (Dobs & Poensgen, U.N.) also die erste in Deutschland sein (wird), welche uns auch in dieser Hinsicht vom Auslande unabhängig macht, und uns durch billige Preise große Kosten erspart.“ erfüllte sich nicht.
Die nächsten vier Schlepptender-Lokomotiven lieferte dann 1841 Robert Stephenson in Newcastle. Zwei von ihnen – „Rhein“  und „Hercules“  – kosteten 13 500 Taler
(418 500 €), für die beiden anderen mit Namen „Vorwärts“ und „Mercur“ waren je 12 500 Taler (387 500 €) zu zahlen.
„…die aus Staatsökonomie in Belgien selbst gefertigten Lokomotiven (sind) noch nicht so vollkommen…als die Englischen der besten Fabriken“ schrieb 1839 das dreimal wöchentlich in Köln erscheinende Allgemeine(s) Organ für Handel und Gewerbe des In- und Auslandes und damit verwandte Gegenstände. Ob das auch die Meinung der Verantwortlichen für Beschaffungen bei der Rheinischen Eisenbahn war, mag dahingestellt bleiben: jedenfalls kam mit der Firma Regnier-Poncelet & Co. in Lüttich erst 1841, 1842 und 1843 der erste belgische Hersteller zum Zuge.
In einer Annonce im Allgemeinen Organ vom 29. Mai 1838 verkündete die Rheinische Eisenbahn ihre Absicht, mit „qualifizierten Unternehmern“ über die Lieferung von 200 (!) Eisenbahnwagen sowohl für Personen als Güter in Verhandlungen zu treten.
Erster Wagenlieferant der Gesellschaft wurde aufgrund eines Ausschreibungsergebnisses die Aachener, von Brüssel aus 1837 gegründete Firma Pauwels & Talbot. Sie, übrigens die älteste deutsche Fabrik für Eisenbahnwagen, bekam den Zuschlag auch deshalb, weil die Rheinische Eisenbahn aus naheliegenden, praktischen Gründen Wert auf eine „bauliche Identität“ mit in
Belgien bereits laufenden Wagen legte – und die konnte dieser Lieferant gewährleisten. Geordert wurden Personenwagen der I., II. und III. Classe.
Die ersten Exemplare erreichten Köln zerlegt nach mühsamem Landtransport. Dort wurden sie von Mechanikern zusammengebaut und aufgegleist.

Schwierigkeiten mit Militär und Grundstückseigentümern

Das Allgemeine Organ wusste im Juli 1838 zu berichten, dass am Kölner Freihafen (gemeint war der Sicherheitshafen am nördlichen Stadtrand, U.N.) „…ein Theil des Bahnhofes seit geraumer Zeit schon abgesteckt (ist), auch sind daselbst die Schienen für ein Stückchen einfache Bahn gelegt, um Erdwagen darauf zu stellen“ und fuhr dann fort, dass „das Kölner Publicum…dadurch einen ungefähren Begriff (erhält), wie die Bahn aussehen wird, wenn sie fertig ist“ und ergänzte mit dem Hinweis „zuweilen werden auch wohl Damen von ihren Begleitern auf dem Erdwagen hin und her gefahren.“
Die Kölnische Zeitung wies wenige Monate nach Baubeginn, im Juli 1838, darauf hin, dass „die Erdarbeiten auf der Strecke von Müngersdorf bis zum Kölner Sicherheitshafen…ihrer Vollendung bereits ganz nahe sein (würden), wenn nicht besondere Verhältnisse wegen der Anlage im Festungs-Rayon obwalteten, und die Eisenbahnverwaltung sich mit den betreffenden Königlichen Militär-Behörden bereits hätte, über die desfälligen Anforderungen derselben, einigen können.“
Köln war nämlich preußische Großfestung. War eine Festung als Bezugspunkt einer Eisenbahn vorgesehen, kam zu der grundsätzlich erforderlichen staatlichen Konzession noch eine militärische Prüfung. Und die achtete besonders auf die Einhaltung der restriktiven Bebauungsvorschriften in immer drei den Befestigungswerken vorgelagerten Rayons.
Hinzu kam noch ein weiterer Umstand: Im gleichen Monat wies das Allgemeine Organ darauf hin, dass zwischen Müngersdorf und Melaten (damals auf halbem Wege nach Köln gelegen, U.N.) außerhalb des Festungs-Rayons eine kurze Strecke des Planums, „…wo Ab- und Auftrag…sehr unbedeutend sind“ fertiggestellt wurde. Das Blatt fuhr dann fort, „daß noch nicht die ganze Linie in Arbeit genommen werden konnte, liegt größtentheils an den Grundbesitzern, welche nicht begreifen können oder wollen, welche Vortheile für ihre Mitbürger und für sie selbst aus der Eisenbahn erwachsen werden, und ihre Forderungen theilweise so hoch gestellt haben, daß der Erwerb ohne Expropriationszwang unmöglich ist.“

Endbahnhof außerhalb der Stadt

Zu erinnern ist hier daran, dass der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft, wie bereits ihrer Kölner Vorgängerin, eine Eisenbahn vom Kölner Freihafen – und der lag etwa auf der Höhe der Kirche Groß St.Martin – bis zur belgischen Grenze konzessioniert worden war.
Trotz jahrelangen Streites um die Linienführung waren sich alle Befürworter und Initiatoren auf der „preußischen“ Seite , und das galt ebenso für die Beförderer des „Eisernen Rhein“ auf der belgischen Seite in einem Punkt einig: Der Schienenweg sollte in Köln direkt an die am Rhein vorhandenen Umschlagseinrichtungen und in Antwerpen unmittelbar an den Seehafen angebunden werden.
Nach vorgeschriebener militärischer Prüfung ist der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft vorerst keine Genehmigung erteilt worden, die Bahnlinie zwischen Rhein und flußseitiger Stadtbefestigung bis zum Freihafen anzulegen. Die Festungsbehörde sah darin eine nicht akzeptable Beeinträchtigung der Verteidigungsfähigkeit und wollte insbesondere in die
damals noch vollkommen erhaltene mittelalterliche Kölner Umwallung, was an deren nördlichem Eckpunkt erforderlich gewesen wäre, keine Bresche zugunsten des „Dampfrosses“ schlagen lassen.
Deshalb hatte die Direktion der Eisenbahngesellschaft im Februar 1838 bereits beschlossen, zunächst die Strecke Köln-Sicherheitshafen (Am Thürmchen) – Müngersdorf zu bauen.
Der Endbahnhof konnte also nicht „in“, sondern musste „bei Köln“ entstehen: am nördlichen Stadtrand, in unmittelbarer Nachbarschaft des Sicherheitshafens und folglich in Rheinnähe und so nah, wie seitens der Festungsbehörde gestattet, an der Stadtbefestigung.
Da er in Form einer Gebäudeansammlung im zweiten Rayon entstand, waren die für einen solchen Bereich verbindlichen Bauvorschriften einzuhalten: Nur leichte, in Holz- oder Fachwerkbauweise maximal zweigeschossige Wirtschaftsgebäude mit Ziegeldach auf massiven Fundamenten von höchstens 38 cm Breite, über deren Ausrichtung  gegen die Festungswerke die Militärbehörden befanden – denn in einem Angriffsfall musste es gelingen, die gesamte Bebauung zwecks Wegnahme von Deckungsmöglichkeiten und Schaffung von Schußfeld schnell zu beseitigen.
Baukondukteur Pickel führte zur Realisierung auf einer Generalversammlung der Aktionäre dazu aus: „Ich habe mich bemüht, dieser Anlage nach Maßgabe der Örtlichkeit eine möglichst bequeme Einrichtung zu geben, dass eine große Personenzahl mit der erforderlichen Ordnung und gefahrlos zugeführt und abgefertigt werden kann… Die Lage des Stationshofes am Rhein beim Thürmchen, einem der schönsten Puncte Kölns, gestattet es, den Gebäuden dieser Station, obgleich sie wegen Nähe der Festung nur in Holz construiert werden durfte, ohne große Kosten ein heiteres und gefälliges Aussehen zu geben.“
Immerhin war das ja ein Ausgangs- resp. Zielbahnhof für internationalen Eisenbahnverkehr… 
Ob die Abbildung des hölzernen Gebäudes mit aufgesetzten drei Türmchen, Uhr im Dachgiebel, Blendsäulen, Mittelfronton (mittiger Giebel an der Vorderfront, U.N.) und Verzierungselementen das Empfangsgebäude auf dem Bahnhofsgelände Am Thürmchen ist, kann sicher nicht belegt, aber immerhin begründet vermutet werden.
Auf dem recht weiträumigen Bahnhofsgelände befand sich eine ganze Ansammlung hölzerner und deshalb eher, der dortigen Lage geschuldet, provisorischer Gebäude.
Das Stationsgebäude auf der Ausfahrtseite der Kopfgleise mit „Casse“ und Billetausgabe, Wartesälen für die einzelnen Wagen“classen“, „Bureau“ und Beamtenwohnung, „Wieg-Bureau“ für Gepäck, Geräte-und Portierraum und einer bahnsteigseitigen Säulenhalle war, wie Pickel es beschrieben hat, „heiter und gefällig“ ausgefallen. Auf der Einfahrtseite der Kopfgleise war eine „Packkammer“ errichtet. Nördlich davon befanden sich Restaurationsgärten mit einer Kegelbahn. Weiterhin waren ein Wagen-Schuppen, ein Holz-Schuppen, eine Schmiede, ein Locomotiv-Schuppen, eine aus zwei Gebäuden bestehende Güter-Expedition und zwei Revisions-Schuppen vorhanden.
Die Kölner Kammer klagte zu Recht, „…daß angesichts der Eisenbahnstation der Rhein unerreichbar vorüberfließt.“

Fortgang der Arbeiten

Anfang August 1838 kam die erste Lokomotive, die den Namen „Atlas“ erhielt, zerlegt im Sicherheitshafen an, wurde von den mitgeschickten Mechanikern zusammengebaut und auf dem noch im Bau befindlichen nahen Bahnhof in Betrieb gesetzt. „Der Raum zur Probe war freilich sehr klein, da die Schienen nur innerhalb des Bahnhofes liegen; daher war ein schneller Lauf nicht gestattet.“
Die regelmäßige Berichterstattung über die Entwicklung des Vorhabens „Eiserner Rhein“ bezog sich auf bautechnische und betriebstechnische Details, wie vorgenommene Versuche mit Weichen und Drehscheiben, die baulichen Fortschritte an der Trasse und beiden Endbahnhöfen „bei“ Köln und Müngersdorf.
Zum Teil sehr ausführlich wurden die monatlichen Berichte der Bahndirektion über Zustand und nächsten Fortgang wiedergegeben.
Und auch zahlreiche annoncierte Ausschreibungen signalisierten das Voranschreiten des Vorhabens.

Das Militär verzögerte bis zuletzt

Eingegangen wurde während der Zeit zwischen dem 1. April 1838 und Anfang August 1839 immer wieder, und zwar deutlich, gleichwohl in moderater Diktion, auf die langwierigen und zähen Verhandlungen mit den Königlichen Militärbehörden wegen der genauen Streckenführung zwischen Köln und Müngersdorf durch den Rayonbereich. So verlangte das Militär, bestehende Pulvertürme entweder in angemessener Distanz zu umfahren oder auf Gesellschaftskosten zu ersetzen – und einen „Sicherungsapparat zur Verhinderung des Funkensprühens“ an den Lokomotiven vorzusehen. Die Bahnlinie verlief nämlich zwischen zwei detachierten (baulich unverbundenen) Forts hindurch und einer Lünette (Zwischenwerk) vorbei.
Alles dies verzögerte natürlich die Fertigstellung des ersten Streckenteils – und aus der optimistischen Ankündigung des Allgemeinen Organs vom 17. November 1838 „..im nächsten Frühjahr fahren wir nach Müngersdorf“ wurde nichts…
Noch bis zum Mai 1839 sind diese hindernden Umstände in den Sitzungen von Direktion, Administrationsrat und in Generalversammlungen der Aktionäre immer wieder angesprochen worden.
David Hansemann führte dazu in der Generalversammlung der Aktionäre am 9. Mai 1839 beispielsweise aus: „In Beziehung auf die fertige Strecke von Köln nach Müngersdorf bemerken wir, daß… die Hindernisse noch nicht haben beseitigt werden können, welche der öffentlichen Benutzung dieser Bahnstrecke innerhalb des Festungs-Rayons entgegen stehen“ und fügte hinzu „Indessen dürfen wir hoffen, daß diese Hindernisse bald aufgehoben sein werden; alsdann wird unverzüglich die erwähnte Bahnstrecke der Benutzung des Publikums anheimfallen.“
Am Ende dieses Monats konnte „über die Eröffnung der Sektion Köln-Müngersdorf…noch (immer) nichts Offizielles bekannt gemacht (werden)…“ In der gleichen Zeitungsmeldung war aber auch zu lesen, „..die Personenfahrt soll dagegen, wie es heißt, am 7. Juni beginnen, und man schmeichelt sich mit der Hoffnung, daß Se. K ö n i g l. H o h e i t der Kronprinz bei der Eröffnung zugegen sein werde.“
Denn der „..geruht(e),….die Eisenbahnarbeiten an den wichtigen Punkten (nämlich am Königsdorfer und am Nirmser Tunnel und am Burtscheider Viadukt, U.N.) …, ingleichen die fertigen Stations-Anlagen bei Köln zu besichtigen…“.
Enttäuscht meldete dann das Allgemeine Organ am 11. Juni, dass „Unsere Hoffnung, daß die Strecke bis Müngersdorf in Anwesenheit des Kronprinzen eröffnet werde, hat leider unerfüllt bleiben müssen.“
Am 29. Juni besuchte schließlich der „Generalinspecteur sämtlicher Festungen“, Generalleutnant Erst-Ludwig von Aster in Begleitung mehrerer Stabsoffiziere den Bahnhof Am Thürmchen, hat alle dortigen Anlagen genau besichtigt „…und sich gegen die Direction
höchst beifällig über deren Zweckmäßigkeit geäußert.“ Auf seiner Weiterreise nach Jülich sah er sich dann auf Einladung der Direktion auch die Arbeiten bei Königsdorf an, „stieg in den Tunnel und untersuchte …die ausgeführten Arbeiten…über die sich dieser Sachkenner sehr günstig äußerte und deren solider Ausführung er seinen vollsten Beifall spendete.“

Der Eröffnungstermin steht fest

Einen ersten Fahrplan mit Abfahrtszeiten und Fahrpreisen für die angebotenen drei Wagen“classen“, zusammen mit einer „Bekanntmachung“ veröffentlichte die Kölnische Zeitung Anfang Juli 1839.
In der Bekanntmachung wies die Gesellschaft unter anderem darauf hin, dass mitgenommenes Gepäck Mitreisende nicht belästigen darf, Platzbestellungen nur am Fahrtage möglich sind, Wartesäle und Stationsgebäude nur mit Billet und frühestens eine halbe Stunde vor Zugabfahrt betreten werden dürfen, Kranke und Betrunkene nicht befördert und Plätze in den Wagen von den Schirrmeistern (Kondukteuren) angewiesen werden. Weiter hieß es darin, dass die Wagentüren vor Abfahrt von den Schirrmeistern geschlossen und bei Ankunft oder Zwischenhalten nur von diesen geöffnet werden dürfen – und dass Rauchen in der I. und der II. Wagen“classe“ „...unbedingt…“  untersagt ist.
Am 12. Juli 1839 kann die Direktion der Rheinischen Eisenbahn dann endlich mitteilen: „Nachdem alle, der Eröffnung der fertigen Eisenbahnstrecke zwischen Köln und Müngersdorf noch entgegengestandene Hindernisse glücklich beseitigt sind, wird dieselbe am 3. August dieses Jahres, dem hohen Geburtstage seiner Majestät des Königs, dem Publikum zu Vergnügungsfahrten eröffnet.“

Die erste „Dampfwagenfahrt“ in Köln

Am frühen Abend des 2. August 1839 wurden des Präsidenten und der Direktion der Rheinischen Eisenbahn „hohe Gäste“ im Bahnhof Am Thürmchen, wie bereits weiter vorn erwähnt, nach einem Bericht im Allgemeinen Organ vom 4. August „unter dem Donner der Kanonen und den feierlichen Tönen des Liedes „Heil Dir im Siegerkranz“…an die Wagen geführt und beim lauten Jubel der großen Menge von Zuschauern die erste Fahrt begonnen, welcher Jubel sich an allen Barrieren und längst der ganzen Bahnlinie fortwährend wiederholte – Der von zwei Lokomotiven gezogene Zug (es waren „Atlas“ und „Pluto“, U.N.) bestand aus zwei großen eleganten Diligencen(so hießen im benachbarten Belgien die Wagen der I. Classe, U.N.), drei großen gedeckten und ebensoviel unbedeckten Wagen (resp. zu 48 und 60 Plätzen) im Ganzen mit etwa 450 Personen, und erreichte den Bahnhof zu Müngersdorf unter dem Donner der dort aufgestellten Kanonen und dem jubelnden Zuruf der harrenden Menge in etwa 10 Minuten (die ganze Schnelligkeit ward wohl absichtlich nicht angewandt)“.
Dennoch: der Eröffnungszug war mit 40,2 km/h sechsmal schneller als eine preußische Schnellpost.
In Müngersdorf, neben dem Durchstich der Bahnlinie durch  eine Rheinterrasse, mit großartigem Blick bis nach Köln, hatte die Gesellschaft nach den Worten ihres Chefingenieurs Pickel „Zur einstweiligen Benutzung und als Vergnügungsort für die Einwohner Kölns neben dieser (Eisenbahn-)Station ein Belvedere und Garten angelegt…“
Dieses Ensemble ist bis heute erhalten geblieben. Errichtet hatte die Gesellschaft in nur

neun Monaten einen kleinen, zweigeschossigen Putzquaderbau mit schiefergedecktem Dach in der kristallinklaren Formensprache des Schinkel’schen Klassizismus: Ein nobles Landhaus mit gewollt repräsentativer Geste.
Es wurde im rechten Winkel zur Bahnlinie gebaut, ausgestattet und eingerichtet nach dem Geschmack des damaligen gesellschaftlich aufsteigenden Bürgertums. Das Obergeschoss hatte den Charakter einer Beletage. Vom dieser vorgebauten Balkon reichte der Blick auf die neue Bahnstrecke und bis nach Köln mit dem Kran auf dem unvollendeten Südturm des Domes als Fixpunkt.
Zugeordnet wurde dem Gebäude ein parkartiger Restaurationsgarten mit einer langen, parallel zur Bahn angelegten Pergola – ein Ort war geschaffen worden, gelegen am Ende weniger Eisenbahnkilometer, ein Ausflugsziel mit der Möglichkeit, Speisen und Getränke zu genießen und unter der Pergola und im Garten einfach zu lustwandeln…
Die Gesellschaft hatte damit aber noch ein Stück weitergedacht: nämlich an dessen werbende Wirkung auf potentielle Aktionäre und zukünftige Fahrgäste.
Im Zeitungsbericht über den Ablauf der Eröffnungsfahrt hieß es weiter: „Dort (am Stationsplatz Müngersdorf, U.N.) ward im festlich dekorirten Pavillon und im Garten die ganze Gesellschaft mit Erfrischungen bewirthet, und bald nach 8 Uhr kehrte der Zug wieder in den Kölner Bahnhof zurück. Das herrlichste Wetter begünstigte die schöne, durch keinen Unfall irgend einer Art gestörte Eröffnungsfeierlichkeit.“
Ähnlich und dabei ebenso erfolgreich war die Braunschweigische Staatsbahn am Endpunkt Wolfenbüttel ihrer Stammstrecke verfahren. Dort baute sie nach Entwürfen Karl Theodor Ottmers, des Architekten des braunschweigischen Hauptbahnhofes, ein „Caféhaus im thürkischen Stil“ mit eigener Haltestelle. Das erfreute sich am Eröffnungstag der dort endenden Eisenbahnlinie eines „ungeheuren Andrangs“  - als Abschluss auch hier zunächst in hohem Maße aus Neugier angetretener Bahnfahrten.
Dem breiten Publikum stand die neue Kölner Attraktion, begeistert oder mit Beklemmung 42 Stundenkilometer schnell zu fahren, vom 3. August an zur Verfügung.
Wochentags verkehrten vormittags zwei, am Nachmittag drei Züge, an Sonntagen waren es nachmittags vier. Die Tarife waren für die einfache Fahrt festgelegt mit: 10 Silbergroschen (10,30 €) in der I. Classe, 6 Silbergroschen (6,18€) in der II. Classe und 4 Silbergroschen
(4,12 €) in der III. Classe. In den offenen Wagen der III. Classe kostete eine Hin- und Rückfahrt jemandem, der als einfacher Arbeiter beim Bau der Strecke im Tagesdurchschnitt ganze 8 Silbergroschen verdiente, demnach einen vollen Tageslohn!
Die ersten Fahrten zum Bahnhof Belvedere mit seinem Ausflugscharakter waren, was auch frühe Verkaufszahlen von Billets nach Wagen“classen“ zeigen, etwas für Angehörige der „gehobenen“ Stände, denn die Anteile der Classen I und II waren auffallend hoch.
Am 3. August zählte man 1 310 Fahrgäste, sonntags darauf (4. Aug.) 2 442, dann 576
(5. Aug.) und 708 (6. Aug.), mithin an vier Tagen 5 036, in den ersten neun Tagen zusammen 9 350 Fahrgäste, bis Ende Oktober waren es bereits 50 255 und bis Ende November dann zusammen 52 115.
Annoncen mit Angabe der täglichen Fahrzeiten und der Preise erschienen in den Kölner Zeitungen nach der Eröffnung eine ganze Woche lang täglich.
Die Gesellschaft teilte mit, „…daß zur Bequemlichkeit des Publicums eine halbe Stunde vor jeder Eisenbahnabfahrt zwei Boote vom Trankgassenthore (etwa an der heutigen Hohenzollernbrücke, U.N.) für den Preis von 6 Pfennigen und ein Boot von der Brücke bei Deutz (die damalige Schiffsbrücke zwischen dem linken und rechten Rheinufer auf der Höhe der heutigen Deutzer Brücke, U.N.) für den Preis von 1 Sgr. (Silbergroschen, U.N.) nach dem
Sicherheitshafen ab(fahren).Diese Boote sind mit einer Flagge und der Aufschrift „Rheinische Eisenbahn“ versehen.“
Die Gesellschaft setzte, auch von Anfang an, wenn die Regelzüge das Fahrgastaufkommen nicht bewältigen konnten, „Extra-Convois“ ein.
Schon ab dem 16. August konnten in allen drei Classen „ganze Wagenabtheilungen“ im Voraus, aber nur im „Directionsgebäude“ genommen werden: in der I. Classe für 8, der II. und III. Classe für 10 und 15 Personen und zwar mit 25 Prozent Ermäßigung gegenüber einer normalen Einzelfahrt.
Damals Harmonien genannte öffentliche Unterhaltungskonzerte, manchmal auch von den Musik-Corps der in Köln kasernierten Regimenter gegeben, wurden, bevorzugt an Wochenenden, als besondere Attraktion Am Thürmchen und am Haus Belvedere in Müngersdorf gegeben.
Zunächst diente diese „Section Köln-Müngersdorf“ zu werblichen Zwecken für die Aktionäre, weitere potentielle private und institutionelle Kapitalgeber und Fahrgäste, aber auch als Übungsstrecke für das Lokomotiv-, Zug-, Strecken- und Bahnhofspersonal.
Am 2. August 1839 begann eine bis heute anhaltende Erfolgsgeschichte in Köln: Die ersten nicht ganz sieben Kilometer dieser „Stammstrecke“ der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft markierten einmal den Beginn von deren Entwicklung zu einem, bis zur Verstaatlichung 1886, rentabelsten deutschen Eisenbahnunternehmen.
Es waren dies zum anderen die ersten Kilometer „Eiserner Rhein“ auf der „preußischen Seite“ – ein Stück der ersten internationalen Eisenbahnstrecke Köln-Aachen-Lüttich-Antwerpen, die im Oktober 1843 komplett in Betrieb gegangen ist.
Und daraus wurde im Laufe der weiteren Entwicklung ein Stück der wichtigsten West-Ost-Verbindung der Eisenbahn in Europa.
Schlussendlich war dies der Keim für das sich herausbildende „Verkehrskreuz des Westens“ – eine Funktion, die Köln ab dem 19. Jahrhundert zunächst im Eisenbahnverkehr zugekommen ist.


Literatur:
Allgemeines Organ für Handel und Gewerbe des In- und Auslandes und daraus verwandte Gegenstände, Jahrgänge 3(1837) bis 5 (1839).
Berger, Manfred; Historische Bahnhofsbauten II, Brauschweig, Hannover, Preußen, Bremen, Hamburg, Oldenburg und Schleswig-Holstein, Berlin (Ost) 1987.
Kölnische Zeitung; Jahrgänge 1833 bis 1839.
Kumpmann, Karl; Die Entstehung der Rheinischen Eisenbahn-Gesellschaft 1830-1844. Ein erster Beitrag zur Geschichte der Rheinischen Eisenbahn, Veröffentlichungen des Archivs für Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsgeschichte (Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv in Köln), Band I, Essen 1910.
Meynen, Henriette (Hrsg.); Festungsstadt Köln - Das Bollwerk im Westen, Köln 2010.
Naumann, Ulrich; „Aller Anfang ist schwer…“. Vor 175 Jahren begann das Eisenbahnzeitalter in Köln, in: Jahrbuch für Eisenbahngeschichte 2014/2015, Nr. 46, Werl 2014.

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Zuletzt aktualisiert von Guenter.Krause am 30.07.2014, 09:57:39.